11.10.2018
Der Mensch Katharina Kasper muss aufleuchten
Als Pater Helmut Schlegel gefragt wurde, ob er die Texte für das Mottolied zur Heiligsprechung schreiben würde, hat er nicht lange gezögert. Im Juni klingelte bei ihm das Telefon, erinnert sich der Pater, der in Hofheim am Taunus im Haus der Stille und Begegnung der Franziskaner lebt. Ein Musikwettbewerb mit seinen Texten sei geplant. Leicht singbar und eingängig solle der Text sein. Nur das Motto der Wallfahrt sei gesetzt, hieß es: „Bewegt von Gottes Geist“. Schlegel hat zugesagt.
Vier Wochen feilt der Franziskanerpater an den Texten, bis er zufrieden ist. 15 bis 20 Entwürfe schreibt er allein für das Mottolied „Bewegt von Gottes Geist“. Ungewöhnlich sei das nicht. „Das sind nicht irgendwelche Texte“, sagt Schlegel. „Es geht um einen Menschen. Es muss authentisch sein.“ Die Liedtexte müssten den Menschen Katharina Kasper genauso im Blick haben wie die Menschen heute, beschreibt er Anspruch und Herausforderung. „Man kann das nicht machen wie eine Arbeit im Garten.“ Es sei ein kreativer Prozess und vieles entstehe dabei erst im Schreiben.
Mehr als 170 Lieder geschrieben
Mit dem Texten hat der Leiter des Zentrums für christliche Meditation und Spiritualität in Frankfurt Erfahrung. Sein Herz schlägt für geistliche Musik: Mehr als 170 Lieder, Oratorien und Musicals hat er bereits geschrieben. Sie finden sich in eigenen Gesangbüchern genauso wie im Gotteslob. Tausende Menschen kennen und singen seine Texte. „Das macht mir Spaß und das kann ich auch“, sagt der 75-jährige Ordensmann.
Schlegel hat sich intensiv mit dem Leben und der Spiritualität der künftigen Heiligen auseinandergesetzt. Was motivierte Katharina und wie kann sie uns heute noch motivieren? Das will er herausfinden. Von Null anfangen, muss er dabei nicht: Bereits 1998 hatte er anlässlich des 100. Todestages von Katharina Kasper ein Musical geschrieben, das etwa in Deutschland und in den USA aufgeführt wurde. „Ich hatte schon eine Beziehung zu Katharina Kasper und Bezug zu ihrem Leben und ihrer Spiritualität“, sagt Schlegel. Von den Schwestern lässt er sich weiteres Material über Katharina Kasper schicken. „Ich wollte Texte von ihr selbst“, erzählt er. Dann fängt er an zu schreiben. Lässt seine Arbeit ruhen. Schreibt wieder weiter. Bei Spaziergängen im Wald oder im Austausch mit Dernbacher Schwestern holt er sich neue Inspiration. Besonders am Anfang sei beim Schreiben oft Ausdauer gefragt, weiß Schlegel. Stehe erst einmal ein roter Faden, folge die Feinarbeit. „Es ist ein Feilen am einzelnen Wort.“
Christus im Alltag nachfolgen
Für Schlegel hat Katharina Kasper auch den Menschen von heute noch viel zu sagen: Eine Frau mit Durchsetzungskraft und Beharrlichkeit sei sie gewesen. Mit ihren Ideen habe sie immer die Menschen im Blick gehabt. Katharina Kasper aber als Caritas-Heilige zu bezeichnen, greife viel zu kurz: „Katharina Kasper hatte eine stark hörende Spiritualität. Es ging ihr nicht nur um die sozialen Herausforderungen ihres Jahrhunderts“, sagt Schlegel. In ihrem Leben stehe der Gedanke, Christus nachzufolgen, im Zentrum. Nicht Selbstverwirklichung, sondern Hingabe ganz und gar. Diese Spiritualität erlebte Katharina Kasper aber nicht in irgendwelchen „Höhenflügen“. Spiritualität sei bei ihr gerade kein Luxusprodukt, um sich aus dem Leben zurückzuziehen. „Die Verbindung von Spiritualität und Alltag findet sich bei Katharina auf eine geniale Art und Weise.“ Den Alltag heiligen. Im Alltag Gott spüren. Im Kleinen Gott begegnen. „Da hatte sie eine große Begabung.“ Das Gebet und karitatives Handeln sei bei ihr – anders als bei vielen Christen heute – nicht getrennt, sondern eng miteinander verbunden. „Bei ihr ist es nicht das eine oder das andere.“ Das sei auch bei Jesus so zu sehen. „Das ist typisch jesuanisch.“